Hauptuntersuchung BGHW 817

Der Bghw 50 50 28 14 817- 7 ist wieder da!
Am 12. Dezember 2018 bestand der dritte Waggon des Museumszuges erfolgreich die Hauptuntersuchung. Nach 6 Jahren Bauzeit (mit technologisch begründeten Unterbrechungen) und über 2000 geleisteten Stunden! Damit ging wohl die langwierigste Instandsetzung eines Fahrzeugs des Sächsischen Eisenbahnmuseums zu Ende.

Der schlechte Zustand des Wagens und eine erste Befundung zu Beginn, ließen einiges erahnen. Doch die eigentlichen Probleme rückten erst viel später, im Jahr 2016, ans Tageslicht.

Die Arbeiten begannen, wie bei den anderen Wagen, mit dem Ausbau der Zughaken, der Gestängesteller, der Luftkessel und der Bremsventile. Die Drehgestelle wurden ausgebaut und zur Aufarbeitung in die Fa. VIS Halberstadt transportiert. Die  herausgenommenen Fenster erhielten durch die Fa. Autoglas Zschopau ebenfalls eine Instandsetzung. Die Fa. Gnefkow (Gera) führte Abschnittsreparaturen an der Außenhaut und am Unterboden des Waggons in erheblichen Maß durch. Vor allem die
Fensterleibungen waren stark korrodiert. Wurde zu Beginn nur punktuell die Innenverkleidung aus Brandschutzgründen entfernt, entschieden wir uns schlussendlich dann doch dafür, die gesamte Innenverkleidung zu entfernen. Die Karosserieteile im unteren Fußbodenbereich wiesen starke Rostschäden auf und sogar das Fachwerk war angegriffen. Deshalb mussten nach und nach bei allen Fenstern die unteren U-Profile erneuert werden. Als Ursache für den starken Rostbefall, entpuppte sich die falsch
verlegte Fensterentwässerung in die Bodenisolation und die alten Fenster-Keder. Die Innenflächen wurden weitgehend entrostet sowie mit Rostumwandler und Elaskon behandelt.

Waggon im Jahr 2014 (Holger Stange)

Nach Beendigung der Blecharbeiten, übernahm die Fa. Hirsch die Lackierung des Wagenkastens. Gleichzeitig entfernten Mitglieder die alten Batterien aus den Bghw’s. Ursprünglich war geplant, die Waggons auf Drehstromgeneratoren und neuzeitliche Batteriesysteme umzurüsten. Nach und nach mussten wir jedoch erkennen, dass dies nicht möglich ist. Grund hierfür sind Beschaffungsschwierigkeiten für Drehstromgeratoren (DDR-Produktion) und die zugehörigen Achsantriebe.
Also übersandten wir die Gleichstromgeratoren zur Aufarbeitung zur Fa. Eldyn. Dort passierten Fehler bei der Aufarbeitung, sodass Generatoren vorerst nicht verwendungsfähig sind. Stattdessen forcierten wir nun eine Aufarbeitung in Eigenregie. Hierfür kam nur die Verwendung gebrauchter Generatoren anderer Waggons in Frage.

Nach der Lackierung, schritt auch die Arbeiten im Innenraum voran. Es begann die Neuanfertigung der Innenverkleidung, der Isolation mit Armaflex/Kaiflex und der Holz-Wegerung. Das alte Material war durch die Feuchtigkeit absolut unbrauchbar geworden. Die Dichtlinsen der Dampfrohre wurden überdreht, das Thermostat ausgebaut und dessen Dichtungen erneuert.

Kurze Zeit vor dem Wiedereinbau der Fenster 2016 stach ein Mitglied beim Entfernen von Kaugummi versehentlich
durch den Fußboden durch. Ganz durch! Ohne Widerstand! Der gesamte Vorstand wurde hinzugeholt und es begann eine Diskussion über das weitere Vorgehen. Da nicht nur an dieser Stelle der Fußboden beim Begehen nachgab, fassten wir einen einstimmigen Beschluss, der nicht weniger als den Ausbau der gesamten Inneneinrichtung und Neubau der Dielung vorsah. Das böse Erwachen kam erst beim Ausbau zum Vorschein. Beidseitig waren die Sickenbleche des Unterbodens stark an bzw. fast durchgerostet. Die Fa. Gnefkow fertigte die Sickenbleche in Eigenregie neu und setzte sie ein. Der Boden wurde anschließend gründlich mit Rostschutzfarbe und Elaskon behandelt. Schwierig gestaltete sich der Einbau der Futterleisten. Fünf verschiedene Höhen von Leisten bzw. Keilen benötigten wir, um einen ebenen Boden zu erzielen. Statt die alte Dielung zu erneuern, kamen 25 mm starke OSB 3-Platten zum Einbau. Diese sind stark belastbar und feuchtigkeitsresistent.

Wagenkasten (Innen) im Jahr 2016 (Holger Stange)

Wagenkasten mit erneuerten Sickenblechen (Ralf Bechmann)

Schlussendlich gestaltete sich die Suche nach einem widerstandsfähigen und gleichzeitig original anmutenden Bodenbelag langwierig. Nach einem Tipp der Döllnitzbahn besorgten wir „Uni-Walton“, welchen die Fa. L&B einbaute.
In der Zeit fingen auch unsere Elektriker an aktiv zu werden und installierten eine 400V-Drehstrom-Anlage. Sie ist an beiden Wagen-Enden wechselseitig durchgeschleift und baugleich in den beiden andern Bghw’s verbaut. Die alte Leuchtstoffröhrentechnik ersetzten wir komplett durch leistungsfähige LED-Röhren, welche optisch gleichwertig sind. Weiterhin wurden im Elektrobereich ein UIC-Kabel zur späteren Verwendung und ein relativ preisgünstiger, aufgearbeiteter Ni-Cd-Batteriesatz eingebaut. Das Batterieladegerät war schon lange nicht mehr vorhanden und so mussten wir es von einem anderen Waggon übernehmen. Parallel dazu wurde die nicht mehr prüffähige 1000V- Elektrik der Heizanlage komplett entfernt. Da es heute nur sehr selten möglich ist 1000V einzuspeisen, entfiel eine Erneuerung.

Viele Korrekturen verlangte die Montage der neuen Innenverkleidung. Mit Mühe versuchten wir auch die Deckenverkleidung zu reinigen. Der Wiedereinbau der gereinigten und neu lackierten Sitzgestelle gestaltete sich schwierig, so mussten sie mit Laser-Messtechnik ausgerichtet und punktgenau mit dem Boden neu verbohrt werden. Nun konnte Autoglas Zschopau mit uns die Montage Fenster bestreiten. Ab diesem Zeitpunkt setzte ein vorsichtiges Aufatmen ein, denn der Waggon gab ein zunehmend stimmiges Bild ab. Während wir an den anderen Waggons nur defekte Sitze und Lehnen gegen gebrauchte Exemplare austauschten, fiel diesmal die Entscheidung alle Sitze und Lehnen neu beziehen zu lassen. Dies erledigte die Fa. Kunze in Wendischbora.

Einbau OSB 3-Platten (Holger Stange)

Nächster Problempunkt: die Toilette.  Aus Erfahrung klug geworden, schnitten wir eine Öffnung in den Wassertank, um den Jahrzehnte alten Dreck zu entfernen. Die Öffnung wurde nun als Waschluke ausgelegt, sodass die Reinigung zukünftig einfacher auszuführen ist. Die durchgerosteten Füllrohre erneuerten wir. Zum Einsatz kamen moderne Kunststoffschläuche und auch das Spül- und Waschbeckenventil unterlag einer langwierigen Reparatur.

Die ausgebauten Zughaken schallte eine externe Firma. Die Verschleißbleche wurden erneuert sowie Federn und Spindeln geprüft und neu gefettet.

Nächste Herausforderung war der Einbau und die Regulierung der instandgesetzten Drehgestelle. Zu Beginn bereitete uns der starke Schiefstand des Waggons Sorgen. Nach Montage der Inneneinrichtung waren die Pufferhöhen noch viel zu hoch. Die
VIS Halberstadt verriet uns das Vorgehen bei der Höhen-Regulierung, was wir dann nach mehreren Versuchen erfolgreich
meisterten. Die Bremsanlage konnte komplettiert, alle Gelenkverbindungen und der Bremszylinder geprüft werden (inklusive Fettung und Versplintung). Auch der überholte Luftkessel kam an seinem Bestimmungsort zurück.
Probleme bereitete jedoch das Einstellen des Gestängestellers, denn die Steuerstange verbog sich dabei mehrmals. Bei deren Erneuerung stellte sich heraus, dass es sowohl verschiedene Längen der Steuerstangen als auch der Steller gibt. Fazit: Jeder Waggon hat seinen eigenen Gestängesteller mit zugehöriger Steuerstange. Die Bremsrevision (Br3) verlief schlussendlich erfolgreich.
Unser Elektriker zerlegte den Generator, reinigte und prüfte ihn. Dann kam der große Moment: Die Funktionsprobe und Einstellung des Kohle-Druckreglers. Dank einer Prüfmaschine von den Freunden der IG Bw Dresden-Altstadt war dieser Einsatz erfolgreich. Das Einstellen eines Kohle-Druckreglers beherrschen nur noch sehr wenige Leute in Deutschland.
Die letzten Wochen vergingen in angespannter Atmosphäre. Etliche kleinere Restarbeiten standen an der elektrischen Anlage, bei der Verlegung des Bodenbelags im Vorraum 1, bei der Beschriftung der Fahrgasträume mit Piktogrammen und Sitznummerierung, bei der Beseitigung von Lackschäden und beim Vermessen der Zughaken an.

Einbau der überarbeiteten Drehgestelle (Holger Stange)

Ziel war die Hauptuntersuchung in der 50. Kalenderwoche, was wir auch schafften. Der Prüfer war begeistert. Ein paar Kleinigkeiten, wie das Nachbiegen einiger Splinte an den Drehgestellen, das Nachziehen einiger Schrauben an den Türkfedern und Gepäckhaken waren schnell erledigt. Der Prüfer erwähnte lobend das Betriebsbuch und bei der anschließenden Probefahrt zeigten sich auch keine weiteren Mängel. Großes Aufatmen!

Der Bghw bei seiner ersten Sonderfahrt nach bestandener Hauptuntersuchung im Jahr 2018 (Johnny Ullmann)

Text: Holger Stange
Bilder: siehe Bildunterschrift
Zusammenstellung: Maximilian Thieme

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